Tipp aus der Bauberatung, heute von Sebastian Dietz
Umweltwirkung vom Rohstoff bis zum Rückbau – Ökobilanzen nach QNG
17.06.2025
Kaum ein Thema im Baubereich hat sich in den vergangenen Jahren so dynamisch entwickelt wie die diversen Nachhaltigkeitszertifizierungen. Immer wieder ändern sich Vorgaben und Regeln. Das wirft Fragen auf und bringt auch Unsicherheiten mit sich. So ist derzeit noch ungewiss, was die neue Bundesregierung auf diesem Gebiet vorhat.
Klar ist aber bereits heute, dass die neue Gebäuderichtlinie der Europäischen Union (EPBD) wiederum neue Maßstäbe setzen wird. Ihre Regeln müssen von allen Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. In Deutschland wird dies voraussichtlich in der angekündigten Neufassung des Gebäudeenergiegesetzes der Fall sein. Es ist davon auszugehen, dass vom 1. Januar 2028 an bei öffentlichen Neubauten eine Pflicht zum Nullemissionsgebäude gilt, von 2030 an für alle neu errichteten Gebäude.
Heute schon Pflicht für viele Förderprogramme
Eine sogenannte Lebenszyklusanalyse, die alle Umweltwirkungen und Ressourceneinsätze für ein Gebäude von der Rohstoffgewinnung bis zum Lebensende betrachtet, ist heute bereits Voraussetzung für eine Förderung als „Klimafreundlicher Neubau“ (KFWG und KFWG-Q). In naher Zukunft werden aller Voraussicht nach sämtliche öffentlichen Förderprogramme an eine solche Lebenszyklusanalyse (LCA) geknüpft sein. Ein Fahrplan, aus dem die Details hierzu hervorgehen, ist für den Januar 2027 angekündigt.
Von Juli an Zusatzqualifikation notwendig
So lange sollten diejenigen, die sich mit der Planung und Ausführung von Neubauten befassen, aber nicht warten, um aktiv zu werden. Denn schon vom 1. Juli 2025 an gilt: Für die Förderprogramme „Klimafreundlicher Neubau“ (KFN), „Wohneigentum für Familien“ (WEF) und „Klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreissegment“ (KNN) können Anträge nur noch mit einer Lebenszyklusanalyse gestellt werden, die von einer entsprechend qualifizierten Person berechnet wurde. Konkret bedeutet das den Nachweis einer Fortbildung zum Thema LCA. Eine reine softwaregestützte Berechnung ohne Qualifikationsnachweis der ausführenden Person wird nach diesem Datum nicht mehr akzeptiert.
Hintergrund dieser Neuregelung ist, dass für eine korrekte Ermittlung zentraler LCA-Elemente viele verschiedene Daten richtig hinterlegt werden müssen. So definiert die EN 15804 allein schon 24 Indikatoren für Bauprodukte. Für jeden verwendeten Baustoff sind alle Umweltwirkungen und Ressourceneinsätze zu ermitteln, die dann am Ende zu einem Gesamtergebnis zusammengeführt werden.
Vorgaben mit Massivbau machbar
Die „Bibel“ hierfür ist das „Handbuch Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“. Zusammen mit der verbindlichen Rechenwerttabelle, in der die anzusetzenden Werte für alle Baustoffe verzeichnet sind, liefert es alle Informationen, um die wichtigen Parameter wie Treibhauspotenzial (GWP) und Primärenergieaufwand korrekt zu ermitteln. Als Betrachtungszeitraum wird eine Gebäude-Lebenszeit von 50 Jahren herangezogen. Dieser Zeitraum ist vorgegeben, auch wenn er für Ziegelgebäude mit einer durchschnittlich sehr viel längeren Lebenserwartung eigentlich zu kurz gegriffen ist.
Dennoch sind die Obergrenzen, die für eine Zertifizierung erreicht werden müssen, entgegen kursierenden Gerüchten und Fehleinschätzungen auch mit einer massiven Bauweise regelmäßig zu erzielen. Die Primärkonstruktion und die Gebäudegröße allein lassen keine Rückschlüsse darauf zu, ob die Vorgaben erreicht werden oder nicht. Erst aufgrund konkreter Pläne kann man ermitteln, ob ein Gebäude die Nachhaltigkeitskriterien erfüllen wird.
Realitätsnahe Werte einsetzen
Wichtig ist, dass die variablen Parameter für den Nachweis eines Effizienzhaus-40-Standards richtig gesetzt werden. Entscheidend sind die tatsächlich anzusetzenden Werte, beispielsweise für die Luftdichtigkeit, die Lüftungsanlage, die Länge von Heizungsleitungen oder die vorgesehene Photovoltaik-Dachanlage. Sie sollten realitätsnah anhand der Baupläne oder Herstellerangaben für die vorgesehenen technischen Installationen eingegeben werden. In der Regel liefern sie nämlich günstigere Ergebnisse als die voreingestellten Standard-Werte.
Weitere Optimierungs-Tipps anhand eines konkreten Referenzbeispiels gibt es im Webinar-Mitschnitt zu diesem Thema in der Schlagmann-Mediathek. Dort erfahren Sie außerdem, weshalb dem eigengenutzten Anteil erneuerbarer Energie in der LCA als steuerbarer Größe eine große Bedeutung zukommt. Und es werden weitere bereits verwirklichte Beispiele aus der Praxis monolithischer Ziegelbauweise vorgestellt.
Zum kompletten Webinar mit LCA-Praxisbeispielen in der Schlagmann-Mediathek.